
Ließ Cheops statt einer Pyramide den Gesamtkomplex in Gizeh in einem Zug errichten?
Wir befinden uns am Totentempel Chefrens und gehen den Aufweg in östliche Richtung hinab. Zu unserer Rechten erstreckt sich der Steinbruch des Cheops und zu unserer Linken sehen wir den “Chefren?”- Steinbruch
Dazu schreibt Mark Lehner:
[…] In Gise ist der Cheops-Steinbruch heute eine riesige, hufeisenförmige Plateaulücke, etwa 300 m südlich der Großen Pyramide. An der tiefsten Stelle liegt sie ungewöhnliche 30 m unter der ursprünglichen Oberfläche. Die Menge des gebrochenen Steins (ca. 2 760 000 m³)entspricht fast genau der gesamtmasse der Cheops Pyramide (2 650 000 m³). Zu genau. Es müsste viel mehr fehlen: Fachleute beziffern den durchnittlichen Verlust beim brechen der Steine auf 30-50%. Doch der Steinbruch erstreckt sich unbekannt weit nach Süden, noch über Menkaures Aufweg hinaus (dort fand Abdel Aziz Saleh von der Kairoer Universität 1980 Spuren). Viel Stein kam außerdem aus dem Zentralwadi durch den auch anderes Material, wie etwa Tura-Kalkstein und Granit hergeschafft wurde [1]Rätsel der Pyramiden, S. 206
In einer weiteren Karte von Lehner sieht es etwas anders aus:
Wir befinden uns nun am Totentempel Chefrens und gehen den Aufweg in östliche Richtung hinab. Zu unserer Rechten erstreckt sich das Steinbruchgebiet, dass Lehner nun als Großen Steinbruch von Cheops und Chefren bezeichnet. Zur unserer Linken liegt der GIS Steinbruch.
Reisner [2]Lehner, Contextual Approach, S. 148., op.cit., pp. 10-19, hat in seiner Ortsbeschreibung die Ost- und Nordflanken des Plateaus als Steinbruchgebiet beschrieben.
Lehner weist Reisners Aussage zurück und begründet dies u.a. damit, daß keine brauchbaren Blöcke aus den dortigen Nummulithenbänken zu gewinnen gewesen seien und auch Spuren eines solchen Abbaus nicht auffindbar sind. [3]Lehner, op.cit., p. 148, n. 43
Die vorgefundenen Umstände, dass sich sowohl westlich, als auch östlich der Pyramide keine Steinbrüche befinden, sondern Friedhöfe, deren Gründung recht sicher auf das 5. [4]Ibd. Reisner, History I, p. 83f. und 15. Regierungsjahr [5]Ibd, op.cit., p. 148, Reisner, History I, p. 72. datiert werden kann, und sich auch an der durch den Abfall des Plateaus eng begrenzten Nordseite keine Abbaureste eines Steinbruchs erkennen lassen, führen Lehner in der Schlussfolgerung zu den großen Steinbrüchen südlich der Cheops Pyramide, welche” sich noch weit über den Aufweg des Menkaure hinaus erstrecken.”
Dazu bemerken R. und D.D. Klemm: [6]Klemm & Klemm, Steine und Steinbrüche, S. 54-59
“Über die exakte Ausdehnung des Cheopssteinbruches gibt es allerdings unterschiedliche Auffassungen und einige Schwierigkeiten, da sowohl Cheops als auch Chephren nachweislich in den selben Steinbrüchen tätig waren. Bestätigt wird die Zuweisung des Steinbruchs an Cheops durch die geochemische Analyse von Proben des Steinbruchs westlich des Chentkaus-Grabmals, welches selbst im Kern aus einem stehengelassenen Sockel im Steinbruch besteht”. [7]Klemm & Klemm, op.cit., S. 54; zur geochemischen Methode der Analytik S. 192-197
Da nun nachweislich auch das “Central Field” von Chephren ausgebeutet wurde, und das vorhandene Volumen für die Cheopspyramide nicht ausreicht, muss man wohl zwangsläufig davon ausgehen, dass der GIS-Steinbruch zu wesentlichen Teilen von Cheops ausgebeutet wurde.
Die Klemms wiederum relativieren Lehners Aussage:
“Nachweislich wurde der Steinbruch südlich des Aufwegs (GIS-, Chefren?- Steinbruch, Anm. Simon) der Cheopspyramide für das Kernmauerwerk verwendet.” [8]Klemm & Klemm, op.cit., S. 193
Grundsätzlich ist dazu vorest anzumerken, dass sich in Lehners Betrachtung schon hier ein offensichtlicher Fehler eingeschlichen hat. Schreibt man nämlich wie er, den GIS Steinbruch auch Cheops zu, dann handelte es sich bei Baubeginn nicht um zwei verschiedene Steinbrüche, sondern nur um einen Einzigen. Dort stand nämlich noch kein Chefren-Aufweg, sondern lediglich ein natürlich entstandenes Felsplateau.
Einen Nachweis über den Verbleib der Steine aus dem *Steinbruch zu erbringen, in dem heute der Sphinx steht, ist bisher nicht gelungen [9]Lehner, The Development of the Giza Necropolis: “The Khufu Project”, in MDAIK 41, 1985: S.109-143 , p. 124.
Lehner geht davon aus, daß dieser Steinbruch von Cheops begonnen wurde. Seine Begründung, dass der Steinbruch auf den natürlichen Rücken des Chephren-Aufwegs Rücksicht nimmt, soll uns im weiteren Verlauf noch beschäftigen. Gleiches gilt auch für den Steinbruch südlich dieses Aufwegs, der nachweislich von Cheops ausgebeutet wurde und für den GIS-Steinbruch. Allerdings lässt Lehner hier die letzte Konsequenz vermissen, nämlich daß Cheops das Fundament für Chefrens Aufweg absichtlich belassen hat.
*Anm. Simon: Es handelt sich hier nicht zwingend um einen Steinbruch. Zwar wurden hier Steine gebrochen, jedoch kann niemand ausschließen, dass dies einzig zu dem Zweck geschah, den Sphinx zu errichten.
Abgesehen davon, dass Lehner den Steinbrüchen unterschiedliche Bezeichnungen zukommen lässt, geht er davon aus, dass der einstmals von ihm als “Chefren?” bezeichnete Steinbruch, nunmehr zu wesentlichen Teilen von Cheops ausgebeutet wurde. Während sich die Klemms lediglich auf die Feststellung beschränken, dass Steine von dort in der Cheops Pyramide verbaut wurden, darf man also nicht außer Acht lassen, dass es sich hier lediglich um Lehners Meinung handelt, nicht aber um eine erwiesene Tatsache.
Der Clou allerdings kommt jetzt – während Stadelmann, rein spekulativ, darauf hinweist, dass der Felskern am Grabräubertunnel, dem mit 7 m höchsten erkennbaren Punkt, noch weit vom Zentrum der Pyramide entfernt ist und deshalb mit einem weiteren Anstieg in dieser Richtung zu rechnen sei, der eventuell bis direkt unter die Königinnenkammer reicht, also in eine Höhe von rund 20 m, und dass durch diese Möglichkeit, die “sicher” besteht, eine Ersparnis an Baumaterial von ca. 25% mit sich bringen würde, lassen Hawass und Lehner in einer Meldung von bdw-online,vom 15.03.2001, u. a. folgendes verlauten:
[…] Zudem gibt es neue Informationen über die Struktur der Cheops-Pyramide. Demnach wurde die Pyramide auf einem natürlichen Felsenhügel errichtet. Die bislang angenommene Zahl und Größe der Steinblöcke musste deshalb neu berechnet werden. Statt 2.300.000 waren es wahrscheinlich nur 750.000 Blöcke, so Hawass.[…]
Durch diese ebenfalls rein spekulative Aussage – niemand kann dort etwas berechnen, ohne die Pyramide vorher abzutragen (außer Michael Haase) [10]M. Haase, Der Felskern der Cheopspyramide, Zeitschrift für Archäologie und archäologische Grenzwissenschaften, 1/1993 5 bis 13. – von Hawass und Lehner jedoch, die den wenigsten geläufig sein dürfte, sind sämtliche oben gemachten Aussagen von Lehner zu den Steinbrüchen ohne Einschränkung hinfällig!
Für die Cheops-Pyramide würde das bedeuten, dass die verbaute Steinmenge sich um rund 2 Drittel verringert – auf ca. 900 000 m³! Rechnet man dem nun noch ein Mittel von 40% Abschlag hinzu, so ergibt sich in etwa eine Menge von 1.250.000 m³. Nach der von Lehner ermittelten Menge, die aus dem dem Großen Steinbruch abgebaut wurde (ca. 2 760 000 m³) ergibt sich also eine Differenz von rund 1,5 Mio m³ Stein!
Demnach hätte das in direkter Pyramidennähe abgebaute Steinvolumen ausgereicht, um alle drei “großen” Pyramiden zu bauen.
Hat es aber offenkundig nicht! Im Gegenteil, denn in den Pyramiden befindet sich ein Großteil an Blöcken, deren Herkunft bisher nicht lokalisiert werden konnte und eine nicht unerhebliche Menge, die aus Hitan el Gurab, oder aus dem Zentralwadi gewonnen wurden.
40% von 2,76 Mio. m³ bedeutet weiterhin rund 1,1. Mio. m³ Abschlag, der sich in der Umgebung des Plateaus nicht ausmachen lässt. Selbst wenn der Abschlag für den Bau von Rampen verwendet wurde – Wo ist der geblieben? Vor allem, weil es ja nachweislich noch viel mehr war!?
Hinzu kommt noch eine Analyse von Rosemarie und Dietrich D.Klemm, die erbrachte, dass einzelne Steine aus den Pyramiden von Giza teilweise aus Brüchen stammen, die über ganz Ägypten verstreut sind [11]Lehner, Contextual Approach, S. 148, n. 44., die Lehner zwar erwähnt, aber auch weitestgehend unberücksichtigt lässt.
Schauen wir uns nun an, wie sich die Situation bei dem Klemms darstellt:
Wir befinden uns wieder am Totentempel Chefrens und gehen den Aufweg in östliche Richtung hinab. Zu unserer Rechten erstreckt sich nun, das Große Steinbruchgebiet um das Chentkaues-Grabmal, von den Klemms nochmal unterteilt in Cheops-Chefren-Steinbruch und Cheops-Steinbruch. Der zu unserer Linken liegende, von Lehner als GIS- und Chefren?-Steinbruch bezeichnete, gehört bei den Klemms nicht zu den wichtigsten Abbaugebieten. Aber, wie oben schon erwähnt:
[…] Nachweislich wurde der Steinbruch südlich des Aufwegs (GIS-, Chefren?- Steinbruch, Anm. Simon) der Cheopspyramide für das Kernmauerwerk verwendet [12]Klemm & Klemm, S. 193
Dazu schreiben sie weiter in Kapitel 3.7:
[…] In den Diagrammen der Steinbrüche im Pyramidenbezirk in Giza wurden die Gesteinsanalysen mit ihren Magnesium- gegen Strontiumanteilen in binären Diagrammen zusammengestellt. Es zeigt sich dabei, dass die Analysen der großen Steinbruchanlage um das Chentkaus Grabmal, des Steinbruchgebietes von Hitan al Gurab, und schließlich des eigentlichen Pyramidenplateaus um die Cheops Pyramide herum, jeweils in sehr engen Feldern der binären Diagramme auftreten. Diese drei Herkunftsfelder sind im Diagramm Magnesium gegen Strontium deutlich von einander zu unterscheiden. Stellt man nun die die Analaysedaten der Cheops-u. Chefren Pyramide dagegen, so zeigt sich, dass offensichtlich der größte Teil des Kernmaterials dieser beiden Pyramiden aus dem großen Steinbruchbereich um die Chentkaus – Grabanlage stammt. Es wird aber auch deutlich, dass ein nicht unerheblicher Teil des Kernbaumaterials aus der Steinbruchanlage von Hitan el-Gurab abzuleiten ist. […]
Weiterhin lässt sich erkennen, dass für die beiden Pyramiden auch Material unmittelbar vom Plateau in den Kern eingebaut worden ist. Schließlich, und das soll hier besonders hervorgehoben werden, zeigt sich bei dem Vergleich der beiden Pyramidendiagramme, dass insbesondere bei der Chefren-Pyramide auch Material für die Kernbaukonstruktion verwendet worden ist, dessen Herkunft nicht aus den Diagrammen abzuleiten ist.
Im unteren Drittel der Pyramide wurden nicht nur die meisten, sondern auch die größten Blöcke verbaut. Man kann davon ausgehen, dass die großen Blöcke nicht in Hitan el-Gurab gebrochen wurden, oder anderswo, sondern in unmittelbarer Nähe der Pyramide, um den Transportweg so kurz wie möglich zu halten.
Unzweifelhaft ist, dass der Aufweg Chefrens von Cheops beim Abbau der Steine berücksichtigt wurde. Und, rechnet man wie Lehner den GIS-Steinbruch auch hauptsächlich Cheops zu, dann berücksichtigte er den Aufweg von beiden Seiten. Diese Annahme wird um so wahrscheinlicher, wenn man bedenkt, dass Cheops als Erster auch bis nahe an die Ostseite der Chefren-Pyramide Steine abbaute – er hat deshalb also auch offensichtlich Rücksicht auf den Bau der Chefren Pyramide selbst genommen.
Nun, 750.000 Blöcke, ich erwähnte es schon, sind nicht berechnet worden, sondern nichts weiter als Spekulation.
Diese Zahl beruht ausschließlich auf einer Annahme, die genau so wie Stadelsmanns Aussage durch nichts belegt ist. Sie dokumentiert, gemessen am abgebauten Steinvolumen, lediglich den Grat unlogischer Verknüpfungen in der äggyptologischer Betrachtung.
Unlogisch ist z. B. aus bautechnischer Sicht auch, dass Cheops in mehr als 5 Steinbrüchen Kernbaumaterial abgebaut haben soll, obwohl nach der “Phantasiezahl 750 000″der große Chentkaus-Steinbruch fast dreimal ausgereicht hätte, den Kern seiner Pyramide zu bauen.
Aber auch bei 2.3 Mio. Blöcken, hätten die Brüche in direkter Nähe der Pyramide ausgereicht. Ebenfalls unlogisch sind die Transportwege, besonders der permanent ansteigende vom Steinbruch Hitan.
Warum baute Cheops nicht zunächst einmal den Sockel ab, auf dem die Chefren Pyramide steht? Die Steine, ca. 400 – 500 000 m³, hätten anfänglich sogar größtenteils bergab transportiert werden können. Aber genau wie den Aufweg rührte er auch den Sockel nicht an. Und das lässt nur einen Schluss zu – Cheops wusste bereits genau was da hin kommt!
Warum wurden für den Bau der Chefren-Pyramide mengenhaft Steine verbaut, deren Herkunft bislang unbekannt ist? Auch dort hätte man sich die Steine bequemer holen können, wenn man nicht Rücksicht auf den Menkaure-Komplex genommen hätte. Die Steine von dort zu holen, wäre um ein vielfaches sinvoller gewesen als beispielsweise aus Hitan, oder weit entfernten Steinbrüchen.
Nach Sci. Géol. Bull. [13]Untersuchungen über die natürliche Rissbildung der Felsen 1968-72 –
[…] ist unbestreitbar, dass das Plateau von Gizeh, aus einem besonderen Kalkstein besteht. Dieser kommt außer unter dem Gebiet des alten Kairo nirgendwo anders in dieser spezifischen Beschaffenheit vor. Durch tektonische Deformation formt sich eine leichte antiklinale Faltung, die ein (doppeltes) System der natürlichen Fels-Bruchbildung erzeugt, die man analysieren kann:
– ein erstes System der breiten Bruchbildung (offene Diaklase und Spalten, die sehr leicht zu sehen sind) parallel und senkrecht zur Achse der tektonischen Falte, als Folge der Faltung
– ein zweites winkelrechtes System der gedrückten Bruchbildung, dichter und feiner (nicht so leicht zu sehen), links und rechts diagonal zur Faltenachse, als Folge der Verdichtung. […]
Schema des doppelten Systems der natürlichen Bruchbildung an dem Fels-Plateau von Giza
Bei der Betrachtung des Abbaus kann niemand die Orientierung, die Geometrie und die Häufigkeit dieses Bruchbildungs-Systems unbedacht beiseite schieben! Die Förderungsart der Blöcke, bei horizontalem Steinbruch und bei offenem Himmel, wird je nach Bedarf durchgeführt, so nah und praktisch wie möglich. In die Schichten wurden dann, nach einer Quadrierung, Furchen in Brusthöhe und nach der feinsten diagonalen Bruchbildung orientiert gehauen, die die Schollen bestimmten, welche durch anhebeln abgelöst wurden. Die Einschnitte, die zum Anheben der Schollen benutzt wurden, sind heute noch auf dem Boden der Steinbrüche rings um die Pyramide, auf den am Ort verbliebenen Schichten und unter einigen bearbeiteten Blöcken sichtbar. Dieser geförderte Schollen mussten noch mal (entsprechend der Geometrie der Bruchbildung) gespalten werden, um transportiert und verarbeitet werden zu können. Die Blöcke wurden praktisch schon im Steinbruch so ausgehauen, dass sie am Verbauungsort keiner aufwändigen weiteren Behauung bedurften.
Die geologische Karte von Kairo und Umgebung zeigt die Orientierung NO – SW der tektonischen Faltung und der Randspalten des Gizeh-Plateaus. Die Folge ist, dass die Pyramiden von Gizeh nach der Geologie und der natürlichen Fels-Bruchbildung angeordnet und orientiert sind :
a) sie sind auf der Spitze der Falte, parallel zur Achse ausgerichtet, da wo die Schichten praktisch horizontal und deshalb leichter zu fördern sind.
b) sie sind N-S und O-W nach der Bruchbildung ausgerichtet, die feinste der metrischen, diagonalen Diaklase im Verhältnis zur Faltenachse”
Der Behauptung, dass die Pyramiden ausschließlich nach dieser natürlichen Felsbruchbildung ausgerichtet sind widerspreche ich, weil vorrangig die exakte Nord-Süd Ausrichtung massgebend war. Jedoch war die Felsbruchbildung, neben anderem, unzweifelhaft einer der wichtigsten Aspekte, welcher das Gizeh-Plateau zu einem hervorragend geeignetem Baugrund machten.
Allerdings, ausgehend von der Annahme, dass Cheops nicht nur seine Pyramide plante, sondern den gesamten Pyramidenkomplex, stellt sich die Frage, ob es für die Ausrichtung und Anordnung der Pyramiden nicht noch einen anderen Grund gab?
Ägyptologischen Berechnungen zu folge, musste ca. alle 2 Minuten ein Stein auf die Pyramide gebracht werden, damit sie innerhalb Cheops’ Regierungszeit, von nicht wirklich belegten rund 23 Jahren, errichtet werden konnte.
Das heißt, setzt man einen 10-Stunden Arbeitstag voraus, mussten an solch einem Tag 300 Steine gebrochen und auf die Pyramide gebracht werden. Setzt man weiterhin voraus, dass 5 Leute 5 Minuten brauchten, um den anglieferten Stein in Position zu legen, so verlegte ein Trupp am Tag 120 Steine, was widerum bedeuten würde, dass max. drei Trupps benötigt wurden, um 300 Steine am Tag zu verlegen!
Dazu kommen ein paar Leute die die Fugen ausfüllten, welche die an der Verkleidung- und welche die an den Passagen arbeiteten – ausgehend von 53000 m² Grundfläche der Pyramide!
Benötigten 6 Mann, wohl eher 5 Mann, mehr konnten an einem normalen Durchnittsblock aufgrund der Größe gar nicht arbeiten, 5 Stunden um einen Stein fertig zu brechen, so wären das am Tag 2 Steine. Es würden also rund 750-900 Mann in den Steinbrüchen benötigt um die erforderliche Menge Material herzustellen.
Gesteht man diesen 4-6 Arbeitern nur einen Stein pro Tag zu, würden 1500-1800 Leute benötigt – verteilt auf ca. der 10-fach größeren Fläche im Gegensatz zur Pyramide!
Um einen durchschnittlichen Stein (2,5 t) zu transportieren benötigt man ca. 20 Leute. Gesteht man diesen 20 Leuten den Transport von 5 Steinen am Tag zu, so braucht man 60 Teams oder 1200 Mann, um 300 Steine am Tag auf die Pyramide zu bringen. Insgesamt sind großzügig gerechnet gerade mal 2500 oder max. 3000 Mann direkt mit dem Bau der Pyramide beschäftigt.
Dazu rechnen wir ebenfalls großzügig weitere 1000 Mann die zur Unterhaltung der Infrastruktur notwendig sind.
Diese Zahlen schöpfen das angenommene Arbeitskräftevolumen, Mark Lehner rechnet mit bis zu 25 000 Arbeitern allein für die Cheops Pyramide, bei weitem nicht aus.
Bei einem solchen Großprojekt kommt niemand ohne Zeit- u. Massenplan aus. Man muss vorher wissen wann welches Material in welchen Mengen gebraucht wird, um einen reibungslosen Baubetrieb garantieren zu können. Das ist heute nicht anders. Logisch, dass man da nicht erst bei Abruf anfängt zu produzieren, sondern beim Materialabbau in Vorleistung geht.
Die “750-1800″ Mann haben also mit Sicherheit schon angefangen Steine abzubauen als die an der Pyramide noch gar nicht verlegt wurden.
Wenn z.B. schon 9000 Steine, also die Leistung von 30 Tagen auf Halde produziert war – Platz zum lagern war in Hülle und Fülle vorhanden, dann hätten 75 Teams à 5 Mann, also 375 Leute, diese 9000 Steine an einem einzigen Tag verlegt, ohne sich dabei auf die Füße zu treten.
Natürlich war das aufgrund des Transportproblems nicht möglich, aber die Zahlen machen klar, dass die ägyptologischen Berechnungen ein recht unrealistisches Bild zeichnen und nicht die tatsächlichen baulichen Möglichkeiten aufzeigen.
Die tatsächliche Produktivität war zweifellos viel höher, denn niemand konnte die Dauer der Regierungszeit des Königs voraus ahnen und die schnellstmögliche Fertigstellung des Bauvorhabens dürfte mit die höchste Priorität gehabt haben.
Dennoch machen 25 000 Arbeiter für den Bau einer Pyramide allein wenig Sinn, denn selbst in drei Schichten wäre weniger als die Hälfte beschäftigt gewesen.
Fazit: Die unverhältnismäßig hohen Steinbruchaktivitäten, die unverhältnismäßig langen Transportwege, die offenkundige Rücksichtnahme auf die anderen Pyramidenkomplexe, die Tatsache, dass das Chentkaues-Grabmal bereits unter Cheops im Steinbruch aus dem nackten Fels geschlagen wurde (wahrscheinlich entdeckte man während des Abbaus ein großes Kaarstloch), die Tatsache, dass in den beiden großen Pyramiden Steine aus den gleichen Steinbrüchen verwendet wurden, die unrealistischen Zahlen der Ägyptologie zum Bauablauf insgesamt – das alles sind Indizien, die m. E. auf eine deutlich höhere Bauaktivität von Cheops weisen als bisher angenommen wird.
© 2005 Ulrich Simon
Anmerkungen
[1] Lehner, Mark; Rätsel der Pyramiden, S. 206
[2] Lehner, Mark; Contextual Approach, S. 148., op.cit., pp. 10-19
[3] Lehner, Mark; op.cit., p. 148, n. 43
[4] Ibd., Reisner; History I, p. 83f.
[5] Ibd., op.cit.; p. 148, Reisner, History I, p. 72.
[6] Klemm & Klemm; Steine und Steinbrüche, S. 54-59
[7] Klemm & Klemm; op.cit., S. 54; zur geochemischen Methode der Analytik S. 192-197
[8] Klemm & Klemm; op.cit., S. 193
[9] Lehner, Mark; The Development of the Giza Necropolis: “The Khufu Project”, in MDAIK 41, 1985: S.109-143 , p. 124
[10] Haase, Michael; Der Felskern der Cheopspyramide, Zeitschrift für Archäologie und archäologische Grenzwissenschaften, 1/1993 5 bis 13
[11] Lehner, Mark; Contextual Approach, S. 148, n. 44
[12] Klemm & Klemm; S. 193
[13] Sci. Géol. Bull.; Untersuchungen über die natürliche Rissbildung der Felsen 1968-72 “Untersuchungsmethode der natürlichen Fels-Rissbildung verbunden mit verschiedenen strukturellen Modellen von Michel Ruhland und der mit dem CNRS verbundenen Untersuchungsgruppe “Géologie structurale et analyse tectonique” Institut de Géologie de l’Université Louis Pasteur, Strassburg.
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