
Gossen die Ägypter die Steine der monumentalen Pyramiden aus Beton?
Wie das französische Wissenschaftsmagazin “Sciences et Vie” am Donnerstag berichtete, stützen immer mehr Studien diese These. Demnach ist die Zusammensetzung der Pyramiden-Steine “viel komplexer als die der Steine aus den offiziellen Steinbrüchen” von Tura und Maadi, von wo der Baustoff für die Grabmäler von Gizeh mit fünf Millionen Einzelsteinen angeblich stammt. Wahrscheinlicher sei, dass es sich um von Menschen hergestellte Geopolymer-Steine handelt, die aus Kalk und Bindemitteln gegossen wurden. Letztlich könnte das bedeuten, dass deutlich weniger Arbeiter als bislang vermutet für den Bau der Pyramiden nötig waren,da lange Transportwege und das Schlagen der Steine entfallen wären.
Dies belege eine Studie des Wissenschaftlers Gilles Hug vom nationalen französischen Forschungsinstitut für Luft- und Raumfahrt und seines Kollegen Michel Barsoum von der Drexel-Universität im US-Bundesstaat Philadelphia, hieß es in dem Bericht. Sie untersuchten Steine mit Röntgenstrahlen und Plasma-Lampen und fanden heraus, “dass bestimmte Mikro-Bestandteile dieser Steine Spuren einer schnellen chemischen Reaktion aufweisen”. Diese Reaktion sei “unerklärlich” bei Steinen aus einem Steinbruch, aber “klar verständlich, wenn man voraussetzt, dass sie wie Beton gegossen wurden”. Untersuchungen per Elektronenmikroskop hätten auch gezeigt, dass das Brechungsspektrum der Pyramidensteine klar von Material aus den Steinbrüchen abweicht, hieß es in dem Magazin-Bericht weiter. Guy Dumortier von der belgischen Universität von Namur habe zudem festgestellt, dass die Pyramidensteine mehr Fluor (NYSE: FLR – Nachrichten) , Silizium, Magnesium und Natrium aufwiesen als Natursteine.
Die Nutzung von Geopolymeren für den Bau der Pyramiden ist die wahrscheinlichste Variante.” Nach Ansicht des Chemikers Joseph Davidovits, der die Geopolymer-These seit 30 Jahren vertritt, bestehen die gegossenen Steine zu 93 bis 97 Prozent aus Naturkalk, zu drei bis sieben Prozent aus dem Bindemittel Kaolinit-Ton.
http://de.news.yahoo.com/30112006/286/wissenschaft-pyramiden-offenbar-beton-quadern.html
Wurden die Pyramiden also aus antikem Beton gegossen ?
Nein! Obwohl es sich um Untersuchungen von Wissenschaftlern handelt, muss ganz klar festgestellt werden, dass hier nicht nach wissenschaftlichen Maßstäben gearbeitet wurde. Maßgebende Faktoren blieben unbeachtet, so dass sich einem der Eindruck aufdrängt, hier wurde von Anfang an auf ein schon vorher feststehenden Ziel hin “geforscht”.
Abgesehen von technischen und logistischen Problemen, welche die Pulverisierung von Millionen Tonnen Gestein mit sich bringt, und denen wir uns hier nicht zuwenden wollen, haben die Wissenschaftler zuerst einmal nur freiliegende Steine auf der Außenseite der Pyramide untersucht. Eine Erlaubnis Proben aus dem Inneren der Pyramide zu nehmen verweigert die Antikenverwaltung bislang.
Als nächstes blieben die massiven Umwelteinflüsse Smog, Saurer Regen und Nebel, denen die Pyramiden ungeschützt ausgesetzt sind, gänzlich unberücksichtigt. Genauso wie die Tatsache, dass die Fugen zwischen den grob verlegten Steinblöcken mit Gipsmörtel aufgefüllt sind.
Die Fugen des Kernmauerwerks wurden mit Gipsmörtel vergossen, der mit Sand abgemagert und organischen Stoffen versetzt war. Gips ist ein Calciumsulfat und enthält Calciumfluorid; Sand besteht überwiegend aus Siliciumdioxid, Magnesium tritt als Mineral überwiegend in Form von Carbonaten, Silicaten, Chloriden und Sulfaten auf, und Natrium – Natronsalpeter NaNO3, ist eines der wenigen natürlich vorkommenden Nitratsalze. Es kommt auf Grund seiner Löslichkeit nur in wasserarmen Wüstengebieten vor.
Bei dem verwendeten Sand handelt es sich um Wüstensand. Kaolinit ist zumeist Bestandteil derjenigen Tonmineralfraktion eines Sediments, der per Definition ein Korndurchmesser unterhalb von zwei Mikrometern zugeordnet wird. Das Mineral ist ein allgegenwärtiges Alumosilikat in den Böden feuchtwarmer Regionen und ein typisches Produkt der chemischen Verwitterung anderer Alumosilikate durch Säure oder partielle Hydrolyse, im Besonderen von Mineralen der Feldspat-Gruppe. Kaolinit ist Bestandteil verschiedener diagenetischer Abfolgen, und kann als Füllmineral in Porenräumen von Sedimenten angetroffen werden.
Der Kalkstein ist von einem feinadrigen kapillaren Röhrensystem. Kapillarporosität – in Baustoffen enthaltene Poren (Hohlräume), die in kapillaren Netzen verbunden sind und infolge kapillarer Saugwirkung Wasser auch entgegen der Schwerkraftwirkung aufnehmen können, sorgt dafür, dass die Steine von allen Seiten her Wasser aufnehmen können. Dazu musste es nicht mal regnen, dazu reicht schon der alltägliche Morgentau aus, damit “bestimmte Mikro-Bestandteile dieser Steine Spuren einer schnellen chemischen Reaktion aufweisen” – weil, vom Wasser aufgelöst und mittels Kapillaren dorthin transportiert.
Bevor der Münchener Ing, R. Gantenbrink Anfang der 90er Jahre ein Belüftungssystem in den so genannten Luftschächten der Cheops Pyramide installierte, herrschte im Inneren eine Luftfeuchtigkeit von bis zu 97%. Durch das Belüftungssystem konnte der Wert auf ca. 53% gesenkt werden. Anhand der dauernden Luftfeuchtigkeit und deren Werte wird jedoch ersichtlich, dass im Pyramidenkern, ein zwar gesenkter, aber stetiger Wasserdurchfluss stattfindet.
Geregnet hat es seit Entfernen der Verkleidung aber auch des Öfteren, und durch die drastische Zunahme der Luftverschmutzung in den letzten einhundert Jahren, beschleunigt Saurer Regen als negativer Katalysator die chemische Reaktion, sowohl im Gipsmörtel, als auch im Gefüge der verbauten Kalksteine. Ein Vergleich zu dem im Steinbruch verblieben Gestein kann daher nicht gezogen werden, weil es nicht durch Gipsmörtel beeinflusst wurde.
Der saure Regen greift insbesondere Sand- und Kalkstein an, aber auch Betonkonstruktionen. Beispielsweise reagiert Schwefelsäure mit Kalkstein zu Gips. Dadurch schreitet die Verwitterung von Gebäuden wesentlich schneller voran.
Beim sauren Regen löst sich Kohlendioxid (CO2) in Wasser unter Bildung von Kohlensäure (H2CO3), die wiederum (teilweise) in dissoziierter Form vorliegt. Die hierbei freiwerdenden H+-Ionen (Protonen) senken den pH-Wert. Der natürliche pH-Wert des Niederschlages liegt im schwach sauren Bereich bei 5,6. Der so genannte “saure Regen” hat einen durchschnittlichen pH-Wert von 4 bis 4,5, kann aber auch deutlich darunter liegen.
In vielen Gegenden der Welt fällt Niederschlag mit einem pH-Wert kleiner 5. Ursache hierfür sind hauptsächlich Schwefeldioxid (SO2) und Stickoxide (NOx). Diese Gase bilden mit Wasser zusammen schweflige Säure (H2SO3) und Salpetersäure (HNO3). Die schweflige Säure ist zu etwa 2/3, die Salpetersäure zu etwa 1/3 für die Versauerung der Niederschläge verantwortlich. Hauptquelle der Schwefeldioxid- und Stickoxidemissionen ist der Einsatz fossiler Brennstoffe wie Kohle, Heizöl oder Erdgas in Kraftwerken, vor allem der Verkehr.
In tropischen Gebieten können auch organische Säuren, z. B. Ameisensäure (HCOOH), einen wesentlichen Anteil an der Absenkung des pH-Wertes von Niederschlägen haben. Nebelwasser ist häufig deutlich saurer (hat einen niedrigeren pH-Wert) als Regenwasser, da Nebel effizienter Schadstoffe aus der Luft aufnimmt als Regen.
All die Stoffe also, deren erhöhte Werte die Wissenschaftler auf ein Geopolymer schließen lassen, kommen folglich nicht nur im Kalkstein selbst in erhöhter Konzentration vor, sondern sind zudem auch in konzentrierter Form im Gipsmörtel enthalten!
Gizeh, direkt am Rand des Molochs Kairo gelegen, ist kein regenreiches Gebiet, infolgedessen ist dem höher belasteten, und allmorgendlich auftretenden Tau und Nebel die Hauptschuld an der beschleunigten, chemischen Zersetzung des Kalksteins anzulasten.
Morgentau besteht aus Niederschlag von feinen Wassertröpfchen auf der Erdoberfläche. Er bildet sich aus dem in der bodennahen Luft enthaltenen Wasserdampf, der durch die nächtliche Abkühlung kondensiert. Nebel bildet sich aus fein verteilten Wassertröpfchen, die durch Kondensation der feuchten und gesättigten Luft entstehen.
Bedingt durch den beständig wehenden Nordwind, werden die Pyramiden außerdem ganzjährig mit der smogverpesteten Luft aus Kairo berieselt, wodurch sich weitere Katalysatoren im Gestein einlagern.
Marmor z. B. , ein Calciumcarbonat, löst sich in Säuren. Wenn saurer Regen auf Marmor trifft, entstehen vielfältige Schäden. Dazu gehören angeraute Oberflächen, Abtragung von Material und Verlust von gemeißelten Feinstrukturen. Die Zerstörung kann die gesamte Fläche betreffen oder punktuell an reaktiven Stellen auftreten. Das Calciumcarbonat reagiert mit den gelösten Wasserstoffionen im sauren Regen. Bei dieser Reaktion zerfällt es in Calciumionen, Kohlendioxid und Wasser:
CaCO3 + 2H+ -> CO2 +H2O + Ca2+.
Außerdem läuft eine Reaktion mit Salpetersäure ab, in der Calciumcarbonat angegriffen wird:
CaCO3 + 2HNO3 -> Ca2+ + 2NO3- + H2O + CO2.
Dann reagieren die Sulfationen der Schwefelsäure mit den Calciumionen und überziehen den Marmor oder Kalkstein mit einer weißen Schicht von Gips:
Ca2+ +SO42- + 2H2O -> CaSO4 + 2H2O.
Fazit: Wissenschaftliche Titel der Untersuchenden sind keine Garantie für korrektes und gewissenhaftes Arbeiten. Die Auswahl der hier im Artikel verwendeten Quellen beschränkt sich bewußt auf die Wikipedia und den dort jeweils angegebenen Quellen, um zu verdeutlichen, welche Mühe man sich bei den Untersuchungen machte, alle offensichtlichen Faktoren mit einzubeziehen.
Nicht nur der Gipsmörtel wurde vollständig vernachlässigt, auch der “natürlich” entstehende Gips im Kalkstein, so wie die Katalysatoren Smog und Saures Wasser. Dass die Kernsteine erhöhte Werte und ein anderes Brechungsspektrum aufweisen als die verblieben Steinreste in den Steinbrüchen ist daher nichts Ungewöhnliches, vor allem aber keine Folge von gegossenen Betonsteinen, die Gilles Hug, Michel Barsoum, Guy Dumortier und Joseph Davidovit postulieren; es ist lediglich Folge der natürlichen Umstände und Opfer oberflächlicher Untersuchungen, bei denen das Ergebnis schon vorher feststand.
© 2005 Ulrich Simon
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